„Auf die Straßen(schilder), fertig, los! Frauen* im Dresdner Stadtbild“
In den Jahren 2023 und 2024 heißt es im Frauen*stadtarchiv Dresden wieder „Auf die Straßen(schilder), fertig, los!“ Bereits seit 2002, also seit über 20 Jahren, arbeitet das F*SA daran, mehr Frauen* auf Dresdens Straßenschilder zu bringen. Der Stand im Jahr 2001: Lediglich 3,3 % aller Straßen waren nach einer Frau* benannt.[1] Da es in dieser Zeit aufgrund von Eingemeindungen zahlreiche Dopplungen von Straßnenamen gab, wurde der Beschluss durch den damaligen Bürgermeister gefasst, mehr Frauen* bei den nötigen Umbenennungen zu berücksichtigen. Aus der vom F*SA erarbeiteten Vorschlagsliste entstand 2004 die erste „Straßennamenbroschüre“ in zwei Teilen, die 2008 überarbeitet wurde. Nach 15 Jahren ist es also höchste Zeit, Bilanz zu ziehen und zu schauen, wie es weitergehen kann, um mehr Frauen* zu Sichtbarkeit im Stadtbild zu verhelfen. Schließlich gehen Personen, denen Straßen ihren Namen verdanken, durch die wiederholte praktische Nutzung tief ins kollektive kommunikative Gedächtnis der Bürger*innen und Besucher*innen einer Stadt ein.[2] Eine Stadt, in der die Bezeichnungen von Straßen und damit die alltägliche Umgebung überwiegend männlichen* Persönlichkeiten gewidmet sind, lässt den Eindruck entstehen, dass Frauen* und ihre Leistungen für diese Ehrungsform nicht relevant genug wären – was natürlich nicht der Realität entspricht, denn Frauen* haben in Vergangenheit und Gegenwart großes geleistet oder haben verdient, dass man ihnen gedenkt. Sie sind lediglich weniger anerkannt und daher unterrepräsentiert – auch im kollektiven Gedächtnis. Daran kann öffentliche Sichtbarkeit etwas ändern, welche darüber hinaus dazu führt, dass Mädchen* und Frauen* durch historische Vorbilder, dazu ermutigt werden, sich selbst zu verwirklichen.
Wie ist der Stand im Jahr 2023?
Einige Frauen* haben es aus der Broschüre aufs Straßenschild geschafft! Beispielsweise Julie Salinger und Elfriede Lohse-Wächtler. Am 17. Mai 2023 wird die Lili-Elbe-Straße in Johannstadt offiziell eingeweiht.
Aber wie sieht es prozentual aus? Wir haben gezählt: Der Frauen*anteil ist um nur 0,3 % auf 3,61 % gestiegen.[3] Beim Auswerten der Statistik ist uns jedoch auch aufgefallen, dass es ein paar Ungenauigkeiten gibt: Bei einigen Namen ist nicht klar, nach wem genau die Straße benannt ist, oder auch ob eine konkrete Person gemeint ist. Hier bedürfte es einer präzieseren Einarbeitung und Auszählung.
So oder so: Da ist noch mehr für Frauen* drin! Daher setzen wir uns weiterhin für mehr Frauen* auf Straßenschildern ein.
Was haben wir 2023 und 2024 vor?
Wie an dem geringen prozentualen Anstieg zu sehen ist, sind Straßenbenennungen alleine nicht genug, um historisches weibliches* Wirken adäquat abzubilden. Straßen werden nur begrenzt neu gebaut und umbenannt. Daher wollen wir den Blick erweitern und andere Möglichkeiten, wie Frauen* im Stadtbild präsenter werden können, in Betracht ziehen. Zu denken ist hier an Denkmälern, Mahnmälern, Grabstätten oder Stolpersteine sowie an die Benennung von Parks, Seen oder auch Schulen, Universitäten, Institutsgebäuden oder Festsälen. Ein Beispiel für eine proaktive Maßnahme für mehr Sichtbarkeit von Frauen* sind die Frauenorte-Tafeln des Landesfrauenrat Sachsen e.V., in deren Fachbeirat das F*SA aktiv ist.
In den Projektjahren werden wir uns nicht nur um mehr Sichtbarkeit von Frauen* im Stadtbild bemühen, sondern auch in begleitenden Veranstaltungen hinterfragen, warum die öffentliche Repräsentation von Frauen*geschichte aktuell (vor Ort und digital) zu wünschen übrig lässt und zahlreiche verdienstvolle Frauen* oder relevante Biografien unbekannt bleiben. (Warum) Gelten andere Maßstäbe für Frauen* hinsichtlich Relevanz und moralischer Vorbildwirkung, wenn es um Ehrungen geht? Welche Kriterien haben wir für die Benennung von Straßen und Widmungen von Gedenkorten? Wir wollen auch schauen, welche Personen, die bereits im Dresdner Stadtbild präsent sind, möglicherweise heute durch das Raster fallen würden.
Daher wollen wir die Projektjahre mit einer aktualisierten „Straßenamenbroschüre“ abschließen, in welcher mehr Biografien berücksichtigt werden, die der diversen Stadtbevölkerung Dresdens gerecht wird.
[1] Vgl. Nicole Schönherr: Straßennamen in Dresden – Reine Männersache? in: Landeshauptstadt Dresden (Hg.): Straßennamen in Dresden – Reine Männersache? Dresden 2005, S. 5-7, hier S. 6.
[2] Vgl. Straßennamen im Fokus einer veränderten Wertediskussion Handreichung des Deutschen Städtetages zur Aufstellung eines Kriterienkataloges zur Straßenbenennung, S. 6.
[3] Vgl. https://www.dresden.de/de/leben/stadtportrait/statistik/publikationen/strassenverzeichnis.php