Dr. Franziska Tiburtius

* 24.01.1843 Bisdamitz auf Rügen

† 05.05.1927 Berlin

Dr. Franziska Tiburtius

Dr. med. Franziska Tiburtius war Ärztin. Aufgewachsen in einem Gutshof auf Rügen, Hauslehrerin, 1871 Pflege ihres kranken Bruders, anschl. Studium und Promotion (1876) in Zürich, Praktikum in Dresden, 1876 Praxis in Berlin in einer Wohnung mit ihrer Schwägerin, der ersten deutschen Zahnärztin Dr. Henriette Tiburtius geb. Hirschfeld und ihrer Kollegin Dr. Emilie Lehmus. Neben der Privatpraxis Einrichtung einer Poliklinik für unbemittelte Frauen und Kinder.

An der Charité wurde Tiburtius Mitbegründerin und leitende Ärztin an der Poliklinik für Frauen. Gemeinsam mit ihren Praxiskolleginnen Henriette Hirschfeld-Tiburtius und Emilie Lehmus zählte Tiburtius darüber hinaus zu den ersten niedergelassenen Ärztinnen in Deutschland. 1878 eröffneten sie in der Alten Schönhauser Straße 23/24 in Berlin eine Arztpraxis.

Von ihrem Bruder übernahm sie den Posten des Hausarztes im Viktoria-Stift des Lette-Vereins. Als erste deutsche Ärztinnen mit eigener Praxis sahen beide sich jahrelang öffentlichen Anfeindungen und Vorbehalten der männlichen Ärzteschaft ausgesetzt. Sie durften zwar praktizieren, jedoch mussten sie sich als „Dr. med. in Zürich“ ausweisen, wonach sie dem Status nach Heilpraktiker waren. Der Titel „Arzt“ wurde ihnen nicht zugestanden, da dieser an eine deutsche Approbation gebunden war. Die Praxisausübung konnte man ihr nicht untersagen, weil „diese nach der neuen deutschen Gewerbeordnung von 1876 an keinen besonderen Befähigungsnachweis gebunden war“, womit sie formal „den Kurpfuschern gesetzlich gleichgestellt“ war.

Mit einer weiteren Studienkollegin, der deutschen Ärztin Agnes Hacker, eröffnete Franziska Tiburtius dessen ungeachtet im Jahr 1908 die Chirurgische Klinik weiblicher Ärzte. In dieser Poliklinik wurden insbesondere Frauen aufgenommen, die keiner Krankenkasse angehörten. An Bedürftige wurde kostenlos Arznei ausgegeben.

Tiburtius engagierte sich für die Frauenbewegung und insbesondere für die Aufhebung des Studierverbots für Frauen in Deutschland. Jedoch wurden an preußischen Universitäten Frauen erst ab 1908 als Medizinstudentinnen zugelassen und waren bis 1914 nicht zur Approbation zugelassen. Als man im Jahre 1889 die Einrichtung von zweijährigen Realcursen für Frauen in Berlin plante, konnte Franziska Tiburtius als eine der Leiterinnen gewonnen werden.

1908 setzte sich Franziska Tiburtius zur Ruhe. In der Folgezeit bereiste sie unter anderem Amerika, Nordafrika sowie Ziele innerhalb Europas. Sie verstarb 1927 in Berlin.

Franziska Tiburtius gilt als die erste deutsche promovierte Ärztin der neueren Zeit. Noch 1894 war sie eine von lediglich sechs praktizierende Ärztinnen in Deutschland. Am 24. Januar 1903 wurde in Berlin „ein wohl bisher noch nie begangenens Fest gefeiert, der 60. Geburtstag des ältesten weiblichen Arztes in Berlin und in Deutschland überhaupt“.

Ihr abwechslungsreiches Leben schrieb Franziska Tiburtius in ihrer Autobiographie Erinnerungen einer Achtzigjährigen nieder. Darin berichtet sie unter anderem von ihrer Kindheit auf Rügen.

Franziska Tiburtius starb in der von ihr gegründeten Anstalt für weibliche Ärzte in Berlin.

Im Wintersemester 1938/39 wurde an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen eine Gruppe der Arbeitsgemeinschaft Nationalsozialistischer Studentinnen nach Franziska Tiburtius benannt.

Das ehemalige Stralsunder Bezirkskrankenhaus, heute „Klinikum am Sund“, stiftete 1987 eine Preismedaille, die ab 1988 als Wissenschaftspreis jährlich zum Tag des Gesundheitswesens verliehen wurde.

Gestaltet wurde sie von Helmut König aus Zella-Mehlis nach einem Entwurf des Stralsunders Peter Ganz, sie besteht aus Kupfer und hat einen Durchmesser von 40,2 mm.

Vorderseite: „DR. MED. FRANZISKA TIBURTIUS“ und „* 1843“ sowie „† 1927“; ein Brustbild zeigt die Medizinerin.

Rückseite: „BEZIRKSKRANKENHAUS“ und Äskulapstab, umschlossen von einem Lorbeerkranz

Im Jahre 2002 widmete der „Stralsunder Philatelisten-Verein von 1946 e. V.“ zum 75. Todestag ihr einen Gedenkumschlag mit der Abbildung der Tiburtius-Medaille. Dazu passend gab es einen Sonderstempel (18439 Stralsund 1) mit dem Porträt der Ärztin.

In mehreren Städten und Gemeinden sind Straßen nach Franziska Tiburtius benannt, so die Tiburtiusstraße im „Ärztinnenviertel“ in Berlin-Altglienicke, die Franziska-Tiburtius-Straße im Dresdner Stadtteil Wachwitz und eine gleichnamige Straße im Stralsunder Stadtteil Knieper. 1

 

Quelle

Literatur

  • GROSSE FRAUEN der Weltgeschichte. Tausend Biographien in Wort und Bild, Klagenfurt 1987
  • TWELLMANN, Margit: Die dt. Frauenbewegung - ihre Anfänge und erste Entwicklung 1843 - 1899; Frankfurt am Main 1993

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    Fotografie der Gedenktafel für Dr. Franziska Tiburtius in Berlin, Alte Schönhauser Straße 23 (2014) (CC BY-SA 3.0 OTFW)